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Donnerstag, 17. November 2016
12. Bildhauer Symposium in Alanya
rusalka, 10:20h
Von November bis Anfang Dezember 2015, fand hier im bäuerlichen Alanya ein "Sculpture Symposium" statt, das zwölfte seiner Art.
Als ich eines Tages vom Hotel zum Hafen spazierte sah ich unter einem großen Zeltdach Bildhauer bei der Arbeit. Faszinierend ! Wann darf ein gewöhnlich Sterblicher Bildhauern schon mal bei der Arbeit zuschauen ?
Dicke Staubwolken hüllen sie ein.
So gern ich ihn los würde, er lässt sich nicht vertreiben, der medizinische Kontrollfreak in meinem Hirn. Statt auf das Felsgestein schaue ich zuerst auf Augen, Ohren, Mund und Nase. Korrekt geschützt ? Ja. Fein. Sogar die Haare.
Jeden Morgen marschiere ich hin, abends auf dem Rückweg von der Kleopatrabeach, nochmals vorbei. Eine Person ist bienenfleissig. Von morgens bis abends, Mittagsstunde ausgenommen, sitzt sie nahe der Absperrung auf einer Holzkiste, mal aufrecht, mal gebeugt, oft zusammengekauert, eingehüllt in eine Wolke aus Staub, sieht nichts, hört sowieso nichts, sägt, schleift, meißelt, schleift, meißelt, meißelt, meißelt, ohne Ende.
Auf einer großen Tafel sind Namen und Fotos der einzelnen Künstler abgebildet, darunter ihre Nationalität anhand der Flagge, darunter ihr Kunstwerk als Bronzefigur en miniature oder als Zeichnung. Eine weitere Miniaturform aus Stein hat jeder Künstler neben sich auf einem Tischchen stehen - auf dass er sich nicht verliere.
Drei Türken, drei Russen, eine Polin, eine Ukrainerin, ein unter Serbe und ein Engländer bilden die Gruppe. Ausgewählt unter 200 Bewerbern. Sind die Russen nicht in Staub gehüllt, winkten wir uns zu. Zwei arbeiteten gleich hinter der Absperrung.
Der Zufall will, dass ich einen Monat später, an einem Nachmittag, zum Hafen komme als der Bürgermeister grade die Urkunden überreicht.
Den Parkplatz ziert heute ein Büffet an dem Tee, Limonade und "amuse-gueules" (Gaumenfreuden) serviert werden. Davor stehen in weiten Abständen kleine Tische mit türkisfarbenen Decken, an denen Grüppchen stehen. Ich geselle mich zu einer sehr dunkelhäutigen Frau mit ihrem retardierten Sohn. Sie scheint eine Roma, oder Sinti zu sein, schimpft über die vielen Kurden - hier und überall seien sie. Und wo wäre ihre Familie ohne Land ? Ich verkneif's mir.
Vielleicht 200 Personen applaudieren den Künstlern. Lokalreporter, Angehörige, Freunde, Mitglieder der Verwaltung, ein paar Touristen.
Keine Schickimikis, außer einer seltsam anmutenden Dame in grauem Poncho und passender Baskenmütze, die sich in der Nähe des Bürgermeisters aufhält. Ihre Gesten wirken extrem affektiert. Wiederholt klatscht sie in die Hände, führt sie dann zum Mund als wolle sie auf ein Stück Gras blasen. (Übersetzt: ach, wie bin ich entzückt.)
Niemand beachtet sie, niemand scheint sie zu kennen, selbst auf mehrfache Nachfrage findet sich niemand der sie zuzuordnen weiß.
Die fertigen Skulpturen stehen frei, jeder kann sie fotographieren, berühren, bewundern.
Ich habe kein Verhältnis zu Steinen, hatte es nie, Geologie war mir ein Graus. Es war mir wurscht, ob Steine Erze, Eisen oder Goldfäden enthielten, ich würde sie ja sowieso nie abbauen. Es war mir auch egal ob Berge gefaltet oder geschrafft sind. Ich wollte da rauf, das war alles.
Ich hasse es Skulpturen anzugaffen und "Mmmhm" vor mich hin zu grummeln, oder 'Na, schön, und was soll der Kringel jetzt bedeuten?' zu denken.
Schlimmer noch, in amerikanische Hysterie zu verfallen und begeistert:" It's really fantastic, darling, isn't it ?" auszurufen, während das Einzige was darling 'fantastic' findet, die Blondinen in der Nähe sind. (In Museen kenne ich mich aus...)
Keine 10 Pferde brächten mich je in eine moderne Skulpturenausstellung, in eine futuristische schon gar nicht. So dachte ich einst.
Die Besuche der Uffizien, hingegen, waren etwas besonders gewesen. Immer wieder. Aber warum hatten die Künstler den Adoni, ein derart einziges Gemäch zugedacht ?
Hier war es anders. Ich hatte die Vorarbeiten betrachtet, Geburten miterlebt, die Sculpturen aufwachsen sehen, mich aus dem Staub gemacht, war wiedergekommen, stand nun fasziniert vor dem Ergebnis und kannte mich selbst nicht mehr. Bis mir nach Wochen klar wurde, dass mich nicht allein das Resultat, sondern der gesamte Intellektuelle Prozess vorab interessiert, dazu die Maschinen. Genug davon.
Die Skulpturen der Russen erinnerten mich an das stalinistisch Monumentale. Trotzdem habe ich mich das Gesicht des stürzenden Reiters verliebt, auch wenn die Nase ein wenig Schaden genommen hat. Habe es mir immer wieder angesehen, auch später noch auf den Bildern. Überhaupt, welch eine Dynamik ...
Die Skulptur der Ukrainerin fand ich Anfangs etwas simpel, wohl weil ich mich in eine andere verguckt hatte.
Der Serbe mit dem 50cm Bart und türkischer Pluderhose, hatte das Wappentier von Alanya, den Doppeladler, gewählt. Nicht verwunderlich, wurde er doch von den Serben aus Byzanz importiert und dient ihnen heute als Wappentier.
Eine Skulptur schien mir sehr komplex. Eine Frau auf einem Thron und überall Katzen, auf Rücken, Schultern, Knien und zu ihren Füssen.
Ich frage die weisshaarige Dame, die neben der Skulptur steht auf englisch nach der Bedeutung. Auch sie hatte eine Urkunde bekommen.
Sie antwortet, halb deutsch, halb englisch. Das sei die Frau des 1. Paschas von Alanya, Ala (oder so ähnlich). Sie säße auf einem Fischthron. Tatsächlich, bei genauerem Hinsehen entdecke ich die Fischköpfe, -körper, -schwänze.
Ala sei die Patronin der Katzen. Den ganzen Monat habe sie von morgens bis abends daran gearbeitet. Ich sage ihr, dass ich es bemerkt hätte.
(In Alanya gibt es drei Katzenparks wo Hunde an der Leine zu führen sind und die Straßenköter sich, bitteschön, zu benehmen haben. Tun sie auch.)
Ich weise auf ihre besondere Art den Stein zu behauen hin und frage sie wo sie so gut Deutsch gelernt hätte.
Sie sei Professorin in Mersin. (Hupps!) Hätte in Nürnberg ein Stipendium bekommen und dort von den Professoren diese Art des Bearbeitens gelernt.
Ich frage sie nach dem Thema des Symposiums.
"Alanya und seine Geschichte".
Wir reden über den Monumentalismus der Russen. Ich zeige auf den Diskuswerfer der Polin. Sage ihr, dass der mir am besten gefiele, sorry. Sie sagt, auch der sei monumental.
"Ich finde, dass die Dynamik der Bewegung und das Kubistische der Skulptur eine Leichtigkeit gibt, die das Monumentale (zumindest etwas) aufhebt", schwatze ich daher mit meinen drei Jahren Kunstgeschichte auf dem Gymnasium. Sie schaut mich erstaunt an.
Ich muß über meine Anmaßung lachen und entschuldige mich. Sei nur meine unmaßgebliche Meinung, sorry. (Schon wieder!) Wir werden unterbrochen.
Ich würde mich zu gern als Gasthörerin in ihre Vorlesungen einschreiben und stundenlang zuhören. Habe die falschen Sprachen gelernt und wohne am falschen Ort, ärgere ich mich.
Der Diskuswerfer, 'Diskobolus des Myron' wie es korrekt auf Deutsch heißt, läßt mich nicht mehr los, habe noch nie Kubismus in der Bildhauerei gesehen. Wie auch ?
Für mich ist diese Skulptur Ästhetik pur, auf eine ganz eigene Art.
Am nächsten Tag kommen die Schulklassen, Tags drauf werden die Skulpturen abgeholt. In meinem Kopf sammeln sich sehr viele Fragen. Je weiter die Zeit voranschreitet desto mehr.
Sie plagen mich Tag und Nacht, lassen nicht los. Bis ich es wieder tue: Facebook einrichten.
Der Professorin eine Freundschaftsanfrage geschickt, wurde angenommen. (Werde mich hüten vorlaut und vorwitzig zu sein- sonst muss ich so oft 'sorry', sagen. Peinlich.) Eine weitere an die Polin, sie heißt Anna, auch sie wurde angenommen. Die Professorin hat einen ausgesprochenen Katzenfimmel, stelle ich fest. Ich, aber, möchte mehr, tiefer in die Materie einsteigen.
Anna spricht gut englisch. Wir schicken uns 'likes'. Ich sehe Bilder ihrer Familie, Bilder von Reisen zu Symposien in ferne Länder. Lerne neue Bildhauer, Maler, Künstler kennen. Wir fanden sogar einen gemeinsamen Bekannten auf dieser großen Welt. Facebook sei Dank. Ein Künstler, natürlich. Er war mit seiner Frau nach Australien ausgewandert, dort war sie viel zu früh gestorben. Er kam zurück kaufte ein Stück Land auf einer Insel und erschuf über die Jahre in aller Einsamkeit einen Kreuzweg, den ich mehrmals hinauf gewandert bin. Habe dort auch jemanden arbeiten sehen. Wollte nicht stören. Sein Name ist: Vinko.
Von einer Reise nach Korea zurück, beantwortete sie mir, wie versprochen, den Fragenkatalog zu ihrer Skulptur, den ich ihr ein paar Wochen zuvor über Messenger geschickt hatte.
Nur eine Frage konnte sie mir nicht beantworten. Wo die Skulpturen abgeblieben sind. Ich werde es herausfinden.
Heute kann ich die Auftraggeber von Kunstraub verstehen, die die gestohlenen Werke jahrelang, nur zum eigenen Vergnügen, in Tresorräumen aufbewahren, um sie ab und an ganz allein zu betrachten.
Wäre ich reich genug ich würde einen Park kaufen und ausgewählte Objekte ausstellen.
Immer wieder einmal während meines langen Lebens, hatte ich mir gewünscht in einer Künstlerkolonie zu wohnen, einerseits... (andererseits kiffe ich nicht und kann mich auch sonst nicht für psychedelische, bewußtseinserweiternde, Mittel und deren Folgen erwärmen. Wobei ich nicht Pauschalisieren möchte. Anna's wichtigste Drogen sind wohl Sohn, Mann, Arbeiten, Reisen und neue Menschen kennenlernen.) Es müsste interessant sein, sich gegenseitig zu inspirieren.
Gerade findet in Alanya das 13. Holzbildhauer Symposium statt. Es kommen statt Stein-, Holzsägen zum Einsatz, nicht weniger laut. Ein Abstand von einem Km wäre angebracht.
Als ich eines Tages vom Hotel zum Hafen spazierte sah ich unter einem großen Zeltdach Bildhauer bei der Arbeit. Faszinierend ! Wann darf ein gewöhnlich Sterblicher Bildhauern schon mal bei der Arbeit zuschauen ?
Dicke Staubwolken hüllen sie ein.
So gern ich ihn los würde, er lässt sich nicht vertreiben, der medizinische Kontrollfreak in meinem Hirn. Statt auf das Felsgestein schaue ich zuerst auf Augen, Ohren, Mund und Nase. Korrekt geschützt ? Ja. Fein. Sogar die Haare.
Jeden Morgen marschiere ich hin, abends auf dem Rückweg von der Kleopatrabeach, nochmals vorbei. Eine Person ist bienenfleissig. Von morgens bis abends, Mittagsstunde ausgenommen, sitzt sie nahe der Absperrung auf einer Holzkiste, mal aufrecht, mal gebeugt, oft zusammengekauert, eingehüllt in eine Wolke aus Staub, sieht nichts, hört sowieso nichts, sägt, schleift, meißelt, schleift, meißelt, meißelt, meißelt, ohne Ende.
Auf einer großen Tafel sind Namen und Fotos der einzelnen Künstler abgebildet, darunter ihre Nationalität anhand der Flagge, darunter ihr Kunstwerk als Bronzefigur en miniature oder als Zeichnung. Eine weitere Miniaturform aus Stein hat jeder Künstler neben sich auf einem Tischchen stehen - auf dass er sich nicht verliere.
Drei Türken, drei Russen, eine Polin, eine Ukrainerin, ein unter Serbe und ein Engländer bilden die Gruppe. Ausgewählt unter 200 Bewerbern. Sind die Russen nicht in Staub gehüllt, winkten wir uns zu. Zwei arbeiteten gleich hinter der Absperrung.
Der Zufall will, dass ich einen Monat später, an einem Nachmittag, zum Hafen komme als der Bürgermeister grade die Urkunden überreicht.
Den Parkplatz ziert heute ein Büffet an dem Tee, Limonade und "amuse-gueules" (Gaumenfreuden) serviert werden. Davor stehen in weiten Abständen kleine Tische mit türkisfarbenen Decken, an denen Grüppchen stehen. Ich geselle mich zu einer sehr dunkelhäutigen Frau mit ihrem retardierten Sohn. Sie scheint eine Roma, oder Sinti zu sein, schimpft über die vielen Kurden - hier und überall seien sie. Und wo wäre ihre Familie ohne Land ? Ich verkneif's mir.
Vielleicht 200 Personen applaudieren den Künstlern. Lokalreporter, Angehörige, Freunde, Mitglieder der Verwaltung, ein paar Touristen.
Keine Schickimikis, außer einer seltsam anmutenden Dame in grauem Poncho und passender Baskenmütze, die sich in der Nähe des Bürgermeisters aufhält. Ihre Gesten wirken extrem affektiert. Wiederholt klatscht sie in die Hände, führt sie dann zum Mund als wolle sie auf ein Stück Gras blasen. (Übersetzt: ach, wie bin ich entzückt.)
Niemand beachtet sie, niemand scheint sie zu kennen, selbst auf mehrfache Nachfrage findet sich niemand der sie zuzuordnen weiß.
Die fertigen Skulpturen stehen frei, jeder kann sie fotographieren, berühren, bewundern.
Ich habe kein Verhältnis zu Steinen, hatte es nie, Geologie war mir ein Graus. Es war mir wurscht, ob Steine Erze, Eisen oder Goldfäden enthielten, ich würde sie ja sowieso nie abbauen. Es war mir auch egal ob Berge gefaltet oder geschrafft sind. Ich wollte da rauf, das war alles.
Ich hasse es Skulpturen anzugaffen und "Mmmhm" vor mich hin zu grummeln, oder 'Na, schön, und was soll der Kringel jetzt bedeuten?' zu denken.
Schlimmer noch, in amerikanische Hysterie zu verfallen und begeistert:" It's really fantastic, darling, isn't it ?" auszurufen, während das Einzige was darling 'fantastic' findet, die Blondinen in der Nähe sind. (In Museen kenne ich mich aus...)
Keine 10 Pferde brächten mich je in eine moderne Skulpturenausstellung, in eine futuristische schon gar nicht. So dachte ich einst.
Die Besuche der Uffizien, hingegen, waren etwas besonders gewesen. Immer wieder. Aber warum hatten die Künstler den Adoni, ein derart einziges Gemäch zugedacht ?
Hier war es anders. Ich hatte die Vorarbeiten betrachtet, Geburten miterlebt, die Sculpturen aufwachsen sehen, mich aus dem Staub gemacht, war wiedergekommen, stand nun fasziniert vor dem Ergebnis und kannte mich selbst nicht mehr. Bis mir nach Wochen klar wurde, dass mich nicht allein das Resultat, sondern der gesamte Intellektuelle Prozess vorab interessiert, dazu die Maschinen. Genug davon.
Die Skulpturen der Russen erinnerten mich an das stalinistisch Monumentale. Trotzdem habe ich mich das Gesicht des stürzenden Reiters verliebt, auch wenn die Nase ein wenig Schaden genommen hat. Habe es mir immer wieder angesehen, auch später noch auf den Bildern. Überhaupt, welch eine Dynamik ...
Die Skulptur der Ukrainerin fand ich Anfangs etwas simpel, wohl weil ich mich in eine andere verguckt hatte.
Der Serbe mit dem 50cm Bart und türkischer Pluderhose, hatte das Wappentier von Alanya, den Doppeladler, gewählt. Nicht verwunderlich, wurde er doch von den Serben aus Byzanz importiert und dient ihnen heute als Wappentier.
Eine Skulptur schien mir sehr komplex. Eine Frau auf einem Thron und überall Katzen, auf Rücken, Schultern, Knien und zu ihren Füssen.
Ich frage die weisshaarige Dame, die neben der Skulptur steht auf englisch nach der Bedeutung. Auch sie hatte eine Urkunde bekommen.
Sie antwortet, halb deutsch, halb englisch. Das sei die Frau des 1. Paschas von Alanya, Ala (oder so ähnlich). Sie säße auf einem Fischthron. Tatsächlich, bei genauerem Hinsehen entdecke ich die Fischköpfe, -körper, -schwänze.
Ala sei die Patronin der Katzen. Den ganzen Monat habe sie von morgens bis abends daran gearbeitet. Ich sage ihr, dass ich es bemerkt hätte.
(In Alanya gibt es drei Katzenparks wo Hunde an der Leine zu führen sind und die Straßenköter sich, bitteschön, zu benehmen haben. Tun sie auch.)
Ich weise auf ihre besondere Art den Stein zu behauen hin und frage sie wo sie so gut Deutsch gelernt hätte.
Sie sei Professorin in Mersin. (Hupps!) Hätte in Nürnberg ein Stipendium bekommen und dort von den Professoren diese Art des Bearbeitens gelernt.
Ich frage sie nach dem Thema des Symposiums.
"Alanya und seine Geschichte".
Wir reden über den Monumentalismus der Russen. Ich zeige auf den Diskuswerfer der Polin. Sage ihr, dass der mir am besten gefiele, sorry. Sie sagt, auch der sei monumental.
"Ich finde, dass die Dynamik der Bewegung und das Kubistische der Skulptur eine Leichtigkeit gibt, die das Monumentale (zumindest etwas) aufhebt", schwatze ich daher mit meinen drei Jahren Kunstgeschichte auf dem Gymnasium. Sie schaut mich erstaunt an.
Ich muß über meine Anmaßung lachen und entschuldige mich. Sei nur meine unmaßgebliche Meinung, sorry. (Schon wieder!) Wir werden unterbrochen.
Ich würde mich zu gern als Gasthörerin in ihre Vorlesungen einschreiben und stundenlang zuhören. Habe die falschen Sprachen gelernt und wohne am falschen Ort, ärgere ich mich.
Der Diskuswerfer, 'Diskobolus des Myron' wie es korrekt auf Deutsch heißt, läßt mich nicht mehr los, habe noch nie Kubismus in der Bildhauerei gesehen. Wie auch ?
Für mich ist diese Skulptur Ästhetik pur, auf eine ganz eigene Art.
Am nächsten Tag kommen die Schulklassen, Tags drauf werden die Skulpturen abgeholt. In meinem Kopf sammeln sich sehr viele Fragen. Je weiter die Zeit voranschreitet desto mehr.
Sie plagen mich Tag und Nacht, lassen nicht los. Bis ich es wieder tue: Facebook einrichten.
Der Professorin eine Freundschaftsanfrage geschickt, wurde angenommen. (Werde mich hüten vorlaut und vorwitzig zu sein- sonst muss ich so oft 'sorry', sagen. Peinlich.) Eine weitere an die Polin, sie heißt Anna, auch sie wurde angenommen. Die Professorin hat einen ausgesprochenen Katzenfimmel, stelle ich fest. Ich, aber, möchte mehr, tiefer in die Materie einsteigen.
Anna spricht gut englisch. Wir schicken uns 'likes'. Ich sehe Bilder ihrer Familie, Bilder von Reisen zu Symposien in ferne Länder. Lerne neue Bildhauer, Maler, Künstler kennen. Wir fanden sogar einen gemeinsamen Bekannten auf dieser großen Welt. Facebook sei Dank. Ein Künstler, natürlich. Er war mit seiner Frau nach Australien ausgewandert, dort war sie viel zu früh gestorben. Er kam zurück kaufte ein Stück Land auf einer Insel und erschuf über die Jahre in aller Einsamkeit einen Kreuzweg, den ich mehrmals hinauf gewandert bin. Habe dort auch jemanden arbeiten sehen. Wollte nicht stören. Sein Name ist: Vinko.
Von einer Reise nach Korea zurück, beantwortete sie mir, wie versprochen, den Fragenkatalog zu ihrer Skulptur, den ich ihr ein paar Wochen zuvor über Messenger geschickt hatte.
Nur eine Frage konnte sie mir nicht beantworten. Wo die Skulpturen abgeblieben sind. Ich werde es herausfinden.
Heute kann ich die Auftraggeber von Kunstraub verstehen, die die gestohlenen Werke jahrelang, nur zum eigenen Vergnügen, in Tresorräumen aufbewahren, um sie ab und an ganz allein zu betrachten.
Wäre ich reich genug ich würde einen Park kaufen und ausgewählte Objekte ausstellen.
Immer wieder einmal während meines langen Lebens, hatte ich mir gewünscht in einer Künstlerkolonie zu wohnen, einerseits... (andererseits kiffe ich nicht und kann mich auch sonst nicht für psychedelische, bewußtseinserweiternde, Mittel und deren Folgen erwärmen. Wobei ich nicht Pauschalisieren möchte. Anna's wichtigste Drogen sind wohl Sohn, Mann, Arbeiten, Reisen und neue Menschen kennenlernen.) Es müsste interessant sein, sich gegenseitig zu inspirieren.
Gerade findet in Alanya das 13. Holzbildhauer Symposium statt. Es kommen statt Stein-, Holzsägen zum Einsatz, nicht weniger laut. Ein Abstand von einem Km wäre angebracht.
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