Samstag, 12. November 2016
Umzug auf türkisch, oder die Banalität des Seins
Geschafft 🙌. 700 m vom 4. Wohnsitz - einem weiteren katastrophalen Apt. Hotel - entfernt, habe ich eine neue, möblierte Wohnung gefunden. Einrichtung und Sauberkeit entsprechen, für türkische Verhältnisse, einem Sechser im Lotto. (Die Wohnung bewohnte der Vermieter einst selbst.) Einziger Wehrmutstropfen - vorerst -sie ist genauso hellhörig wie alle anderen Wohnungen hier in Alanya.

Die Wände der Häuser bestehen - bestenfalls - aus drei Lagen hauchdünnen, löchrigen Backstein. Den Boden bilden oft fertige Pressholz/Beton Platten statt gegossenen Betons.



Beispiel für türkischen Hausbau

Beladen mit Plastiksäcken voller Hausrat - marschiere ich fünf mal die Straße hinunter, beim Herrenfriseur, an der Ecke, vorbei, wo sich tagsüber selten ein Mann die Haare schneiden läßt, weshalb er und sein Kumpel vor der Tür sitzen und mein Kommen und Gehen mit Fragezeichen im Kopf beobachten.

Weiter geht's die schmale Parallelstraße der Hauptstraße entlang. Über mir hören die Bauersfrauen auf ihre Teppiche zu schrubben, gucken neugierig 👀 von ihrem Balkons hinunter und spekulieren, soweit ich es verstehe, über mein Kommen und Gehen.

Am Ende der Gasse, vorbei an einem Minimarkt mit Alkohollizenz, geht es wieder hügelaufwärts bis ich vor meinem neuen Domizil stehe.

Im Apt. Hotel ging's drei Etagen rauf, hier sogar vier. Fahrstuhl ? Yok. (Wer TA 11... gelesen hat, weiß was das heißt.)

Sowohl die steile Kurve als auch die Etagen, bedeuten für jeden Einzelnen von uns Rentnern eine Wegscheide. Wer weder den winzigen Anstieg noch die Etagen schafft, muß wohl oder übel in den Häuserschluchten von Oba Einzug halten und rückt somit wieder ein Stückchen näher an den Ort heran den wir mezarlik (Gottesacker) nennen, der übrigens ganz in der Nähe liegt.

Am Hauseingang angekommen erwartet mich die örtliche Straßengang. Wir beäugen uns mißtrauisch. In Nachbarsgarten bellt der angekettete Hühnerhund, mein unbekannter Geruch ist ihm suspekt. Dazu gackern und krähen drei Dutzend Hühner und Hähne im Umkreis von 500 m zur Begrüßung.
Wir verstehen uns: morgen früh 6:30 Uhr - spätestens - fröhliches Wecken.

Die Gang, bestehend aus 10 bis 20 Mitgliedern, läßt mich passieren. Große neugierige Augen schauen zu mir herauf. Wie wird die zu uns sein ? Fressen ist auf einem Teller angerichtet und steht neben der Haustür.



Bei meiner nächsten Ankunft liegt Nahrung überall verstreut auf dem Gehweg herum. Ein riesiger Sack Katzenfutter steht im verdreckten Eingangsbereich.

Bei der dritten Ankunft treffe ich auf eine Bewohnerin des Hauses. Im Thüringer Dialekt erklärt es mir, dass ein alleinstehender Deutscher, der sich den Namen Ahmet zugelegt, hat im Erdgeschoss wohne und die Katzen füttere.

Sie hielten das Ungeziefer fern.

Ehrlicher wäre: "Uns ist so langweilig während der drei Monate, die wir hier sind, da füttern wir eben die Katzen des gesamten Dorfes."

Sie habe zusätzlich Nahrung verteilt um die Katzen ein wenig zu zerstreuen, damit man ins Haus hineinkäme.

Wir stellen den Teller mit dem Tierfutter auf Ahmeds Terasse zurück. Wenn er sie füttern will soll er sie auch haben.

(Allerdings ist Ahmed ein Phantom, den ich auch die nächsten Monate nicht zu Gesicht bekommen werde.)

Beim fünften Kommen ist der Gehweg sauber. Gefressen ? Gefegt ?

Zum Schluss engagiere den Taxifahrer, dem ich den Tip mit der Wohnung zu verdanken habe, um die großen Stücke wie Koffer, Gas- und Wasserflaschen zu transportieren

Mein Vermieter hatte den Chauffeur gebeten die Koffer die Treppen hinaufzutragen, wie er mir später sagte.

Natürlich hat der Fahrer es nicht gemacht. Mann sitzt lieber rum und trinkt Tee. Also rolle ich den Koffer langsam Stufe für Stufe mit einer operierten und einer noch operierenden Schulter nach oben, dann Gasbombe zum Schluss die, Gott sei Dank, leeren 19 l Wasserflaschen.

Im zweiten Stock öffnet sich eine Tür zu den neugierigen Katzen gesellt sich ein neugieriges Ehepaar aus Glinde. Das Haus sei ein sehr ruhiges meint sie. Das merke ich als abends eine Dachterrassenparty mit Vodka und Bier steigt, von der ich mich fernhalte, da mir alkoholschwangere Gespräche zuwider sind.

Tagsüber ist es in der Tat sehr ruhig.



Die Möbel im Wohnzimmer sind nicht aus Presspappe, wie die meisten Möbel hier, sondern aus Holz.



Nach einem Jahr Abstinenz, endlich wieder Deutsches Tv. Mindestens 30 Programme. ARTE, PHÖNIX, welch Luxus.



Ausblick aus Küche und Wohnzimmer auf Kale und Meer



Genügend Platz für meine 6 Teller, 2 Mokkatassen und 4 Gläser.







Sogar der Blick vom Badezimmer geht ins Grüne. Aus einer anderen Perspektive, aufs Meer.





Gerade wurde die Schleuse geöffnet, Wasser rauscht vom Berg herab.







Ausblick vom re. Fenster Bananen und Kaki.



Ausblick vom linken Fenster Oliven, Bananen, Kaki, Orangen bis zur Baumgrenze

und...

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